NFL-Verletzungsanstieg heizt Rasendebatte an: Ist Kunstrasen schuld?

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Die zunehmende Zahl berührungsloser Verletzungen in der National Football League führt zu einer intensiveren Prüfung von Kunstrasen und löst eine Debatte unter Spielern, Besitzern und medizinischen Experten aus. Von Oberschenkelzerrungen bis hin zu Rasenzehen wirft eine wachsende Liste ausgefallener Stars – darunter Lamar Jackson, Jayden Daniels, Joe Burrow und Brock Purdy – ernsthafte Fragen zur Sicherheit synthetischer Spielflächen auf. Da inzwischen etwa die Hälfte der NFL-Stadien mit Kunstrasen bedeckt sind, steigt der Druck ausnahmsweise.

Die Forderung der Spieler: „92 Prozent wollen Gras“

Die NFL Players Association (NFLPA) führt den Vorstoß an, wobei Direktor Lloyd Howell angibt, dass erstaunliche 92 % der Spieler Naturrasen bevorzugen. NFLPA-Präsident J.C. Tretter hat öffentlich argumentiert, dass Kunstrasen nachweislich härter für den Körper sei, und sich für eine vollständige Umstellung auf Naturrasenplätze ausgesprochen. Die Gewerkschaft hat sogar pointierte Social-Media-Kommentare eingesetzt und auf eine vorübergehende Rasenumwandlung im MetLife-Stadion für ein Fußballspiel mit einem sarkastischen „Sieht gut aus, #SaferFields“ reagiert, begleitet von einem Monokel-Emoji – ein klarer Seitenhieb auf die fortgesetzte Nutzung künstlicher Oberflächen durch die NFL.

Die Kosten-Nutzen-Rechnung: Warum Rasen bestehen bleibt

Trotz der wachsenden Sicherheitsbedenken bleibt Kunstrasen aufgrund seiner Haltbarkeit und geringeren Wartungskosten weit verbreitet. Im Gegensatz zu Naturrasen, der ständig gemäht, bewässert, gedüngt und der Sonne ausgesetzt werden muss, bietet Kunstrasen eine bequemere, wenn auch potenziell riskantere Lösung für das Stadionmanagement. Die erste Variante von Kunstrasen, bekannt als Astroturf, entstand 1965 im Houston Astrodome, wo es sich als unmöglich erwies, echten Rasen in Innenräumen zu erhalten. Heutzutage verwenden sogar Teams an Standorten mit günstigem Wetter, wie die Rams und Chargers in Los Angeles, weiterhin Kunstrasen, was trotz der steigenden Verletzungsraten die wirtschaftliche Attraktivität unterstreicht.

Die Entwicklung des Rasens: Von Brillo-Pads zu Polymerklingen

Während frühe Versionen von Kunstrasen bekanntermaßen rau waren, wurden moderne Kunststoffoberflächen deutlich verbessert. Der heutige Rasen besteht aus weicheren Polymerblättern – Polyethylen, Polypropylen und Nylon – mit einer Polsterung aus Polyurethan oder Polyester. Füllschichten aus recycelten Reifen, Sand und Kunststoffpellets verbessern die Dämpfung zusätzlich. Doch trotz dieser Fortschritte fehlt dem Kunstrasen immer noch die natürliche Elastizität von echtem Rasen, ein entscheidender Unterschied, wenn es um die Verletzungsprävention geht.

Die Daten sprechen: Höhere Verletzungsraten auf Kunstrasen

Mehrere Studien bestätigen, dass bestimmte Verletzungen auf Kunstrasen deutlich häufiger vorkommen als auf Naturrasen. Eine jahrzehntelange Studie im American Journal of Sports Medicine ergab, dass Risse des hinteren Kreuzbandes (PCL) auf Kunstrasen auf College-Niveau dreimal häufiger auftreten. In den unteren Klassen traten Kreuzbandrisse 1,6-mal häufiger auf. Die NFLPA-Analyse der Verletzungsberichte aus den Jahren 2012–2018 ergab eine um 32 % höhere Rate an berührungslosen Knieverletzungen und eine um 69 % höhere Rate an berührungslosen Fuß- oder Knöchelverletzungen auf Kunstrasenplätzen. Eine systematische Überprüfung aus dem Jahr 2022 in derselben Zeitschrift stellte durchweg höhere Knöchel- und Fußverletzungsraten auf Kunstrasen fest und stellte fest, dass von der Kunstrasenindustrie finanzierte Studien oft widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Selbst die Rate an Gehirnerschütterungen ist höher, wenn Spieler auf Kunstrasen auf dem Boden aufschlagen.

Die Physik der Verletzung: Warum Rasen nicht nachgibt

Das Kernproblem ist einfach: Naturrasen gibt unter Druck nach, absorbiert Stöße und reduziert die Belastung der Gelenke. Kunstrasen hingegen bleibt starr und zwingt den Körper, die Hauptlast der Kraft aufzunehmen. Wie J.C. Tretter in seinem Brief an die NFL erklärte: „Gras wird irgendwann nachgeben … was bedeutet, dass unsere Füße, Knöchel und Knie die Kraft absorbieren, was Verletzungen wahrscheinlicher macht.“ Dieser Mangel an Nachgiebigkeit gilt nicht nur während der Spiele, sondern auch während des täglichen Trainings, da viele NFL-Teams das ganze Jahr über künstliche Oberflächen nutzen.

Die Debatte über Kunstrasen ist noch lange nicht vorbei, aber die zunehmenden Beweise und die wachsende Unzufriedenheit der Spieler deuten darauf hin, dass ein Wechsel unausweichlich sein könnte. Da immer mehr Stars Opfer von Rasenverletzungen werden, wird der Druck auf NFL-Besitzer, der Sicherheit der Spieler Vorrang vor Kosteneinsparungen zu geben, nur noch zunehmen